Bildung in der digitalen Welt: Julia Weißenböck – Speak OUT – der Speaking Vlog im Englischunterricht


von Julia Weißenböck, Bundesgymnasium Zaunergasse in Salzburg


SPEAK OUT BGZ –Ein  Speaking  Blog auf  A2  Niveau zur  Förderung  der Sprech-und  digitalen Kompetenz

Ablauf im Detail

Im  Englischunterricht  erhalten  die  SchülerInnen ihre Speaking  Homework. Die Themen der einzelnen Aufgaben sind stark mit den im Unterricht behandelten Themen verknüpft, z.B. „My Neighbourhood“, „My Craziest Experience“, „Are you superstitious?“ oder „What’s cooking?“. Die SchülerInnen erhalten einen Arbeitsauftrag mit den wichtigsten  Information zum Video: worüber soll gesprochen werden? was ist zu beachten (z.B. Grammatik)? wie lange soll das Video sein? Bis wann muss es gesendet werden? Anschließend nehmen alle SchülerInnen zuhause ihr Video auf und haben dafür meist ca. 2 Wochen Zeit. Zum  Aufnehmen der  Videos  benutzen  die  meisten  SchülerInnen  entweder  ihr  Handy oder  ihren  Laptop, manche  arbeiten  aber auch mit [button icon=“icon-social“ text=“Videomail“ url=“www.videomail.io“ target=“_blank“ size=“small“ text_color=“#030303″ mode_display=“border-button“ border_color=“#030303″ ][/button] , einer Website die es ermöglicht ein  Video direkt aufzunehmen und zu versenden. Wenn die Videos fertig sind,  dann  senden die  SchülerInnen  ihre  Videos mittels www.wetransfer.com, was den großen Vorteil hat, dass lediglich ein Link  zur Dateien bereitgestellt wird und nicht riesige Dateianhänge per Mail verschickt werden müssen. 

Im Anschluss erhalten die SchülerInnen Feedback auf ihr Video. Dieses Feedback wird als Audiodatei über www.vocaroo.com aufgenommen und  der  Link  zu  diesem  Feedback  wird  den  SchülerInnen per Mail zugesandt.  Das Audiofeedback hat  den  Vorteil,  dass  auch  Aussprachefehler  schnell  und  unkompliziert korrigiert werden können. Beim Feedback für die Videos steht das Sprechen im Vordergrund, keinesfalls die absolute  Korrektheit.  Jedes Video hat einen sprachlichen  Schwerpunkt auf  den beim Feedback besonderes Augenmerk gelegt wird, so sollten die SchülerInnen beispielsweise im Video mit dem Titel „My Craziest Adventure“ nochmals üben die Present Perfect Tense (für Erfahrungen allgemein, ohne Zeitangabe) und  die  Past  Tense  (für  konkrete  Erlebnisse  in  der  Vergangenheit)  richtig  zu  verwenden. Wenn  den SchülerInnen  hier  gravierende  Fehler  unterlaufen oder andere  Grammatik-und/oder Aussprachefehler vorkommen, die das Verständnisbeeinträchtigen könnten, dann wird ihnen dies im Feedback rückgemeldet und sie müssen das Video noch einmal aufnehmen. 

Die finale Version des Videos laden die SchülerInnen auf den Youtube Kanal der Gruppe hoch und verfassen anschließend auf dem Blog einen Blogeintrag indem sie den Link zu ihrem Video posten. Das Video erscheint nun auf dem Blog und kann dort direkt abgespielt werden.

Abschließend müssen die SchülerInnen noch ihr Blog Log ausfüllen. Sie sollen in Stichworten beschreiben was sie finden, dass sie in dem Video gut gemacht haben und was sie noch verbessern könnten und ihr Video mit max. 5 Sternen bewerten. Zusätzlich sollen sie sich mindestens 1 Video von einer/einem MitschülerIn ansehen und im Blog ein Kommentar verfassen  (z.b. loben was gut gelaufen ist oder einen Verbesserungsvorschlag machen). Das Blog Log wird 2x pro Schuljahr eingesammelt. 

Die Videos

Viele der Videos sind Einzelarbeit, aber es gibt auch immer wieder Videos  die paarweise aufgenommen werden, z.B. in Form eines Interviews, um  verschiedene Sprachkompetenzen zu üben (Sustained monologue bzw. Interviewing and being interviewed/informal discussion with friends).

Manche Videos verfügen auch über ein verstärkt interaktives Element, z.B. gab es im Zuge der Halloween Videos ein Online Voting, bei dem die ZuseherInnend es Blogs für das „kreativste“ und „gruseligste“ Video abstimmen konnten. Auch bei den „What’s cooking?“ Videos, in dem die SchülerInnendie  Zutaten  für  ihr Lieblingsgericht präsentieren mussten (ohne zu verraten worum es sich handelt) wurden die ZuseherInnen vermehrt  eingebunden,  da sie dazu aufgefordert wurden  Kommentare  zu  hinterlassen  und  zu  raten  um welches Gericht es sich wohl handelt.

2 konkrete Beispiele:

„My Neighbourhood“ Die SchülerInnen sollten hier ihre Nachbarschaft  filmen  und  beschreiben  was  sie  sehen.  Der  sprachliche Fokus lag hier einerseits auf der Verwendung der beschreibenden Strukturen (there is, there are, over there,behind,  in  front  of,  tothe left/right…) aber auch auf dem Anwenden und nochmaligem Wiederholen des Wortschatzes zum Thema „My Town“ (restaurant, park, fire station, market, church, cinema…).

„Are you superstitous?“

Die SchülerInnen mussten hier paarweise ein Interview führen und sich fragen ob sie denn abergläubisch sind bzw. an welchen gängigen  Aberglauben sie glauben. Der  sprachliche  Fokus  lag  hier  auf  einer Wiederholung  der Present Tense Simple  (Tagesabläufe)  und  der  richtigen  Formulierung von Fragen aber auch diverser Strukturen die für die Formulierung der eigenen Meinung bzw. Zustimmung notwendig sind.

Anbindung an AHS Curriculum und GERS

Der neue Lehrplan von 2017 fordert quer durch alle Bereiche immer wieder zum Einsatz neuer Medien auf. Gleichzeitig wird auch authentische Sprachbegegnung gefordert und aktive kommunikative Kompetenz. Auch  mit dem GERS gibt es vielfältige Berührungspunkte, und im Companion  2017 wurden  auch Deskriptoren für Online Interkation aufgenommen, die in diesem Blog natürlich geübt werden. Für jedes Speaking Homework wird von der Lehrkraft ein „Didactic Comment“ aufgenommen, indem die Hausübung nochmals genau erklärt wird, der sprachliche Fokus  beschrieben wird und auch relevanteDeskriptoren aus dem GERS zitiert werden.

Vorarbeit

Zunächst war es notwendig den  Blog aufzusetzen und einen Youtube  Kanal zu eröffnen. Um die Vorgehensweise möglichst einfach zu halten, wurde nur ein (!) Youtube Konto eröffnet, auf das alle mit dem gleichen  Benutzernamen  Zugriff  haben.  Den SchülerInnen wurde dann  im  Zuge  einiger  Stunden  im Computerraum genau gezeigt und erklärt wie sie ein Video aufnehmen und auf Youtube hochladen können. Hier was speziell wichtig die Schüler darauf hinzuweisen, dass das Video als „nicht gelistet“ hochgeladen wird,  dann  können  zwar  alle  die  den  Link  zum  Video  haben  dieses  auch  sehen,  es  kann  aber  nicht  auf Youtube gesucht werden. Als weiterer Schritt wurden alle Schüler im Blog als „Autoren“ angelegt, das heißt sie können eigenständig Blog Posts verfassen, die Freigabe zur Veröffentlichung muss aber von der Lehrkraft (Administratorin) getätigt werden. Da der  Blog  öffentlich  ist,  wurden  die  Eltern  vorab  über  dieses  Projekt  informiert  und  mussten  eine Einverständniserklärung unterzeichnen. Des Weiteren wurden gemeinsam mit den SchülerInnen Regeln für den Blog erstellt, an die sich alle zu halten haben.

Förderung der Sprech-und digitalen Kompetenz 

Das Projekt läuft nun seit Oktober und die SchülerInnen arbeiten sehr engagiert und es lässt sich bereits ein deutlicher  Fortschritt  der  Sprachkompetenz  beobachten. Ebenso  zeigt  sich,  dass  die SchülerInnen mittlerweile die oftmals beobachtete „Scheu vor dem Reden“ verloren haben und durchaus selbstbewusst vor der Kamera und vor der Klasse auftreten. Fehler unterlaufen ihnen dabei immer noch, was aber auch völlig in Ordnung ist. 

Zusätzlich zur sprachlichen Kompetenz trainieren die SchülerInnen mit  diesem Blog auch ihre digitale Kompetenz. Sie müssen ihre Videos eigenständig aufnehmen, per Mail senden, auf Youtube hochladen und in den Blog stellen. Der Lehrkraft kommt dabei eine rein administrative Tätigkeit zu, z.B. bei Problemen helfen bzw. den finalen Post dann auf dem Blog veröffentlichen. Dieses Projekt trägt somit sowohl den sprachlichen Komptenzen, als auch den digitalen Kompetenzen die in GERS und Curriculum gefordert werden Rechnung.

Der Speaking Blog der 3B am BG Zaunergasse vermittelt und trainiert vielfältige Kompetenzen. Im Vordergrund steht dabei die Sprechkompetenz, aber auch die digitale Kompetenz ebenso wie „soft skills“, beispielsweise das Geben und Annehmen von Feedback und die Fähigkeit zur Eigenreflexion. Des weiteren bietet der Blog auch die Möglichkeit zur Differenzierung/Individualisierung, da die SchülerInnen die Aufgaben nach ihren Vorstellungen (was wird erzählt?) und in ihrem Tempo erarbeiten können. Außerdem erhalten alle SchülerInnen auf ihr Video individualisiertes Feedback.

All diese Dinge sind im Regelunterricht oftmals nicht oder nur eingeschränkt möglich. 

Sprechkompetenz 

Die Sprechkompetenz setzt sich aus 2 Teilbereichen zusammen: spoken production (zusammenhängend sprechen) und spoken interaction (an Gesprächen teilnehmen).

Die Übungen im Regelunterricht konzentrieren sich oftmals auf die spoken interaction, also das Reden miteinander. Jedoch ist es einem als Lehrkraft kaum möglich allen SchülerInnen zuzuhören und kaum hat man die Möglichkeit den SchülerInnen gezielt Feedback zu geben. Diese Übungen verlaufen also leider oft im Sand, da die SchülerInnen zwar üben, aber keinerlei, oder nur wenig Rückmeldung, erhalten.

Für spoken production sind in den Lehrbücherneher wenig Übungen vorgesehen, im Regelunterricht wird dieser „Skill“ aber von den meisten Lehrkräften durchaus erwartet, beispielsweise im Zuge einer Präsentation. Um hier zu einem wirklich befriedigendem Ergebnis zu kommen fehlt den SchülerInnen aber einerseits die Übung im Unterricht und auch die gezielte Rückmeldung durch die Lehrkraft. Dazu kommt oft auch noch der Aspekt der Scham vor der ganzen Klasse zu sprechen. 

Durch den Einsatz den Speaking Blogs ist es möglich diese Kompetenz zum Teil „auszulagern“ und jene Dinge, wie eben konkretes und individualisiertes Feedback, für die im Unterricht keine Zeit bleibt, zu kompensieren. Außerdem hilft der Blog den SchülerInnen ihre Scheu vor dem „Englisch reden“ abzubauen, da sie ja nicht vor der ganzen Klassesprechen, sondern in eine Kamera, ohne „live audience“. Bei den SchülerInnen zeigt sich hier schnell ein Zuwachs an Selbstvertrauen und Präsentationen vor der Klasse sind für sie dann kaum mehr mit Nervosität verbunden.

Die einzelnen Sprechaufträge im Blog sind eine Mischung aus den beiden Teilbereichen, zusammenhängend sprechen, wo die SchülerInnen alleine vor der Kamera reden, und an Gesprächen teilnehmen, wo sie miteinander auftreten. Beiden Skills wird also hier Rechnung getragen. Darüber hinaus erhalten alle SchülerInnen auf ihr Video individualisiertes Feedback der Lehrkraft. Dieses Feedback wird mittels Audiorecorder aufgenommen und per Mail an die SchülerInnen versandt –quasi eine persönliche Sprachnachricht. Von den SchülerInnen wird diese Art von Feedback auch als viel persönlicher und verbindlicher wahrgenommen als allgemeines Feedback in der Klasse und dadurch häufig auch besser umgesetzt. Auch die Ebene auf der SchülerInnen und Lehrkraft hier kommunizieren ändert sich –die Lehrkraft wird mehr zum Coach und wenige zum Wissensvermitler, was den SchülerInnen bei ihrer Entwicklung zu eigenständigen Lernenden hilft. 

Das hier beschriebene Vorgehen bietet bereits viele Anknüpfungspunkte zum AHS Lehrplan, bsp. wird im Lehrplan für die Unterstufe explizit „die Entwicklung der kommunikativen Kompetenz“ gefordert, was auch das oberste Ziel dieses Projektes ist. Des weiteren sollen Grundlagen für „lebensbegleitendes und autonomes Lernen“ und „eigenständigen Umgang mit Lehr-bzw. Lern-und Übungsmaterialien“ vermittelt werden, was bei diesem Projekt durch die Feedbackkultur und Eigenständigkeit der SchülerInnen gefördert wird. Die vielfältigen Sprechsituationen tragen einem der allgemeinen Fachziele im Curriculum Rechnung: „der produktive mündliche Einsatz der erworbenen Redemittel in adressatenadäquater Form in für die Schülerinnen und Schüler relevanten Gesprächssituationen“. Da jedes Speaking Assignment einen klaren Sprachfokus hat, haben die SchülerInnen hier die Möglichkeit neu erworbene Redemittel zu üben.

Digitale Kompetenz 

Obwohl digitale Kompetenz sowohl im neuen AHS Lehrplan, als auch im GERS und im Lehrplan für die digitale Grundbildung eingefordert werden, so ist es im Regelunterricht oftmals schwierig dem Rechnung zu tragen. Vielfach scheitert es an der Infrastruktur, den Vorkenntnissen der SchülerInnen oder den Kompetenzen der Lehrkräfte. Wieder ermöglicht der Speaking Blog hier eine Auslagerung. Digitale Kompetenz wird geübt, aber es muss nicht zwangsläufig im Regelunterricht passieren. Die Einführung zu den Basics wurde den SchülerInnen anfangs detailliert erklärt und vorgezeigt, sodass sie bereits nach kurzer Zeit ihre Videos selbst aufnehmen, Mails senden und Videos in den Blog hochladen konnten. 

Wie bereits eingangs erwähnt, gibt es auch hier deutliche Anknüpfungspunkte mit dem Lehrplan. So spricht der österreichische Lehrplan im Allgemeinen Teil von der „Förderung der digitalen Kompetenz“, von der „Erstellung eigenständiger Arbeiten mit Mitteln der Informationstechnologie“ von „dokumentierte[r] Kommunikation und Kooperation auch in der Fremdsprache“ bzw. von „(Projekt)arbeiten unter Verwendung des Computers […] die für die Entwicklung von Selbstkompetenz und Selbsteinschätzung geeignet [sind].“

All diese Dinge finden sich im Allgemeinen Teil des Lehrplans, sind also für alle Fächer relevant. Der Speaking Blog deckt alle diese Dinge ab, speziell auch das Fördern der Selbsteinschätzung und Selbstkompetenz, welches beispielsweise durch das Bewerten des eigenen Videos im Blog Log gefördert wird.

m Lehrplan für die Unterstufe ist auch die Rede von der „Förderung authentischer Begegnungen“ durch „die Nutzung von audiovisuellen Medien und neuen Technologien wie E-Mail und Internet“. Speziell authentische Situationen sind im Regelunterricht oft schwierig zu gestalten. In einem Blog, der aber für die Öffentlichkeit zugänglich ist, und somit auch von nicht deutschsprachigem Publikum verfolgt werden kann, ist dies allerdings möglich. 

Auch der Gemeinsame Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GERS) beinhaltet in der Version von 2017 spezielle Deskriptoren für Kommunikation im Internet. Für den Blog speziell relevant sind hier „Online Conversation and Discussion“ sowie „Goal-Oriented Online Transactions and Collaboration”. Speziell diese beiden Skills sind mit der derzeitigen Infrastruktur in den Schulen sehr schwer, wenn nicht unmöglich, umzusetzen. Durch den Speaking Blog ist dies aber möglich.

Zusätzlich gibt es auch das digikomp8 Kompetenzmodell, welches an den Lehrplan zur Digitalen Grundbildung angebunden ist und die digitalen Kompetenzen für die Mittelstufe darlegt. Auch hier wird viel durch den Speaking Blog abgedeckt, vielfach auch ganz allgemeine Dinge, z.B. „Ich kann Programme starten, darin arbeiten, speichern und drucken.“, was im Regelunterricht, wiederum meist durch fehlende Infrastruktur, nicht möglich ist. Spezifischere Kompetenzen des digikomp8, die mit diesem Projekt abgedeckt werden sind beispielsweise: „Ich kann digitale Texte, Bilder, Audio-und Videodaten in aktuellen Formaten mit verschiedenen Geräten und Anwendungen nutzen und gestalten“, „Ich kann E-Mails und Foren zum Informationsaustausch, zur Diskussion und Zusammenarbeit nutzen,“ oder „Ich kann Registrierungen und Anmeldungen im Internet durchführen und mit persönlichen Daten verantwortungsbewusst umgehen“.

Der Speaking Blog vereint kommunikative und digitale Kompetenz und schafft es den Geist der Zeit abzubilden. Die SchülerInnen agieren in einem sicheren Rahmen aber dennoch in einem authentischen Umfeld. Zusätzlich ermöglicht dieses Projekt den SchülerInnen die gezielte Übung von erworbenen Redemitteln in vielfältigen authentischen Situationen und fördert den Lernfortschritt durch individualisiertes und detailliertes Feedback.

Der Speaking Blog ersetzt den Regelunterricht keinesfalls, dient aber im Hinblick auf die Ausbildung von Sprechkompetenz und digitaler Kompetenz als wertvolle Bereicherung und Vertiefung.

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