von Dr. Sönke Zankel, Ludwig-Meyn-Gymnasium
Ziele des Projekts
Mit den Vorhaben werden einerseits Ziele verfolgt, die auf den Kompetenzerwerb der Schüler/innen zielen, andererseits geht es darum, einen Impuls in der Heimatstadt der Schüler/innen zu setzen und damit die lokale Medienlandschaft zu bereichern. Zugleich ist hiermit verbunden, dass wir mit dem Medienformat auch Uetersener, ehemalige Uetersener und Freunde der Region sowie unserer Schule, die nicht mehr vor Ort sind, über das Geschehen in Uetersen und an der Schule informieren wollen. Theoretisch orientieren wir uns an dem konstruktivistischen Ansatz der Mediendidaktik. So stehen für uns u. a. die individuellen und sozialen Aktivitäten der Lernenden und deren weitgehende Selbststeuerung des Lernprozesses im Mittelpunkt. Beispielsweise bringen sie thematische Vorschläge für die Sendungen mit ein, die Sendungen gestalten sie dann eigenständig. Zugleich zeigen wir ihnen methodische Wege als Möglichkeiten auf, mit denen sie ihre Lernprozesse gestalten können, so dass wir Elemente der Instruktion aus den kognitivistischen Ansätzen übernommen haben. Exemplarisch seien hier die angestrebten Kompetenzen der Schüler/innen am Beispiel des Schülerfernsehens Uetersen TV dargelegt.
- Das in Uetersen realisierte Schülerfernsehen Uetersen TV stellt die Achtklässler/innen vor große Herausforderungen. Grundsätzlich sind hinsichtlich der Organisation des Prozesses Verfahren notwendig, mit denen die Schüler/innen die Projekte realisieren, die sollen sie hier erlernen, damit sie sie auch auf andere Kontexte (Organisation des eigenen Lern- und Arbeitsprozess in anderen Fächern, Organisation des Alltags usw.) anwenden können. Konkret wenden die Schüler/innen die Kanban-Methode aus dem Agilen Projektsmanagement an.
- Lernen, sich Themen zu erschließen und die Produktion von Medien dabei reflektieren: Warum ist das Thema interessant, warum sollte das Schülerfernsehen darüber berichten? Dafür muss es inhaltlich erschlossen werden. Hierzu müssen sie recherchieren, oft online. Das heißt, alle Fragen der Informationskompetenz,1 also z. B. die kritische Analyse und Bewertung von Internetseiten und anderer Informationen hinsichtlich der Interessen der Autoren, müssen sie beachten. Damit wollen wir einen wichtigen Beitrag zur Bildung in der digitalen Welt leisten, wie sie die KMK 2016 u. a. in dem ersten Kompetenzbereich formuliert hat. Die Lehrkraft muss die Schüler/innen an diese schwierige und im Rahmen des Lernens in der digitalen Welt wichtigen Aufgabe heranführen.2 Die Schüler/innen in Uetersen erstellen Concept Maps, um sich die Komplexität des Themas darzustellen und auch für ihr Filmteam transparent zu machen.
- Recherche- und Informationskompetenz: Die Schüler/innen müssen recherchieren, wer als möglicher Interviewpartner in Frage kommt, dies fällt den Schüler/innen oft schwer. Bei politischen Themen sollen möglichst mindestens zwei unterschiedliche Positionen vertreten sein. Dazu kommt noch, dass sie lernen, welche Rolle Medien im demokratischen Staat haben.
- Kommunikation (auch mit „realen“ Menschen): Mit den möglichen Interviewpartnern müssen die Schüler/innen Termine absprechen. Zuvor sollten sie in ihrem Team ihre eigenen Termine koordinieren und dann entsprechende Vorschläge unterbreiten. Für die Achtklässler sind sowohl die Kontaktaufnahme per E-Mail mit fremden Menschen als auch das Telefonieren sowie die spätere Interviewführung große Herausforderungen, die jedoch sukzessive zu einer Förderung von Selbstkompetenz beitragen kann.
- Fragen stellen können (als Voraussetzung für den Erwerb neuer Wissensbestände): Vor Drehbeginn sind die Interviewfragen zu planen, am besten sind Fragen aus der Perspektive der Schüler/innen, da sie einen anderen Blick auf manche Themen haben als Erwachsene.
- Planen von Bewegtbildern: Obwohl die Drehorte zuvor oft unbekannt sind und das Verfassen von konkreten Scripts schwierig ist, ist die Planung der Aufnahme wichtig: Sie notieren vor Drehbeginn mindestens zehn Ideen für mögliche Schnittbilder. Am Drehort warten dann so viele Aufgaben, dass diese Vorüberlegungen den Schüler/innen sehr helfen.
- Planung von Fahrten: Die Fahrt zu den Interviewpartnern muss koordiniert werden, Hausaufgaben oder auch eine mögliche Bus- oder Bahnfahrt muss geplant werden. Sie müssen hierfür die entsprechenden Online-Tools anwenden.
- Lernen, Aufgaben zu verteilen und Verantwortung zu übernehmen: Beim Dreh selbst sollten die Aufgaben und damit Verantwortlichkeiten verteilt sein, das heißt, eine/r führt das Interview, eine/r ist für die Kamera zuständig, eine/r für den Ton und eine/r führt Regie (z. B. für die Schnittbilder). Für den Interviewer sind die Herausforderungen besonders groß, da er bzw. sie ggf. immer wieder kritisch nachfragen muss. Dies fällt den Schüler/innen oft sehr schwer, weil kritische Nachfragen etwas Konfrontatives haben und es ihnen schwerfällt, spontan eine passende Nachfrage zu finden.
- Umgang mit Software: Beim Schnitt arbeiten wir mit dem Programm Video Deluxe von Magix. Hier sollen die Schüler/innen an die Anwendung moderner Software gewöhnt werden, inkl. der Einarbeitung. Damit sollen zugleich exemplarisch bisweilen auftretende Hemmungen, sich mit unbekannter Software zu beschäftigen, abgebaut werden.
- Neben allen technischen Fragen wie dem richtigen Einsatz der Kamera oder die Nutzung der Schneidesoftware sind auch viele ästhetische Fragen berührt. Darunter fallen beispielsweise alle Aspekte des Bildaufbaus sowie der Zusammenstellung des Rohmaterials zu einer Erzählung in einem Filmbeitrag.
- Durch die eigenständige Filmproduktion soll zudem der kritische Blick auf fremde Filmproduktionen (z. B. im Fernsehen oder Internet) geschult werden.
- Über allem steht jedoch das Ziel, dass wir die Schüler/innen zur Selbstständigkeit, zum eigenständigen Denken und Handeln bewegen wollen.
- Die vielleicht größte Lernchance ist jedoch, dass sie erkennen, was in ihnen steckt, was sie alles erreichen können: nämlich die (digitale) Welt mitgestalten zu können. Zugleich begegnen sich somit Schüler/innen als digital natives und Lehrer/innen, die noch vielfach als digital immigrants bezeichnet werden müssen. Lernen und Unterricht werden somit geöffnet und zugunsten einer höheren Schülerpartizipation verschoben.
Welche Ziele wurden erreicht, welche nicht?
Die Videos des Uetersener Schülerfernsehens werden nicht nur auf der eigenen Internetseite (www.uetersentv.de) eingebunden, sondern auch auf dem eigenen Youtube-Channel hochgeladen. Letzteres ermöglicht eine deutlich größere Verbreitung als bei einer Einbindung ausschließlich auf der Schulwebsite.
Blickt man auf die Statistik, dann zeigt sich, wie breit Uetersen TV und Meynungsfreiheit TV inzwischen gewirkt haben: Über 200 Videos sind seit Juli 2013 entstanden, sie wurden über 160 000 mal in über 130 Ländern angeklickt. Das Gros der Zuschauer stammt aus Deutschland (über 138 000 Aufrufe). Insgesamt wurden alle Videos über 275 000 Minuten angesehen, in Deutschland davon über 4 000 Stunden, gefolgt von der Schweiz mit knapp 13 Stunden, Österreich mit über 11 Stunden und den USA mit rund 5,5 Stunden. (alle Zahlen: Stand 29. November 2018). Diese durchaus überraschenden Zahlen machen deutlich, welche Chancen das Internet bietet, um mehr Zuschauer der eigenen Filme zu erreichen. Auch wenn es nur vermutet werden kann, aber wahrscheinlich sind viele der Zuschauer aus dem Ausland Personen, die Verbindungen zur Stadt Uetersen haben, also beispielsweise dort aufgewachsen sind, eine Zeit lang dort gelebt haben usw. Unter den Filmen finden sich auch mehrere filmische Dokumentationen. Ein besonderes Beispiel ist sicher der Film, der breit in den sozialen Netzwerken diskutiert und auch von manchen internationalen Presseorganen aufgegriffen wurde.3 Die Schüler deckten hier auf, dass Hitler noch Ehrenbürger ihrer Heimatstadt war, obwohl sowohl die Stadt als auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages das Gegenteil behaupteten. Ebenso konnten sie zeigen, dass beide sich in ihrer Argumentation lediglich auf Wikipedia bezogen. Die Schüler konnten somit nicht nur auf Mängel in der Erinnerungskultur der Stadt verweisen, sondern auch den Wissenschaftlern vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestags nachweisen, dass sie zumindest an einer entscheidenden Stelle nicht wissenschaftlich sauber gearbeitet hatten. In der Folge des Films hat die Stadt die Ehrenbürgerschaft Hitlers aberkannt und sogar ein Stadtarchiv eingeführt. Neben den weiteren politischen Themen wie einem Lehrer, der Opfer von Rechtsextremisten wurde, sind hier auch unmittelbar schulischen Themen zu finden, wie beispielsweise über das erste homosexuelle Schülerpaar an der Schule – das Video wurde inzwischen 18 000 angeklickt. Es ist aber nicht einfach, in einer Kleinstadt mit ländlicher Umgebung immer brisante Themen zu finden, viele Themen betreffen daher auch die Freizeitkultur der Jugendlichen.
Konkrete Lerneffekte nachzuweisen, die die Schüler mit in ihr Leben jenseits der Schule nehmen, ist generell nicht einfach. Beziehen wir uns auf unsere Beobachtungen, dann erwerben viele Schüler/innen viele Kompetenzen. So sehen wir, dass sie mit der Technik (Kamera und Schneidesoftware) problemlos umgehen können, dass sie nach einem Jahr nur selten noch Hemmungen haben, auf andere Menschen zuzugehen, dass sie kritischer mit Informationen umgehen und dass sie zumeist strukturierter und damit besser Projekte planen können. Über diese Beobachtungen hinaus haben wir fünf Schüler ein Jahr nach ihrem Abitur schriftlich befragt, wie sie ihre Arbeit rückblickend bewerten. Alle waren in der Arbeitsgemeinschaft Meynungsfreiheit TV aktiv, zum Teil zuvor auch bei Uetersen TV. Zur wahrgenommenen Kompetenzen und persönlichen Relevanz sagt Rasmus rückblickend: „Während der Arbeit bei Meynungsfreiheit TV hat mich die Tatsache, dass man gemeinsam mit seinen Mitschüler*innen etwas Bleibendes für die Schulgemeinschaft geschaffen hat, am meisten motiviert.“ Das Bleibende, die Etablierung einer Nachrichtensendung, die evtl. auch nach der eigenen Schulzeit weiterexistieren wird, ist etwas, das die befragten Schüler/innen anspricht. So meint auch Nils: „Die Idee, etwas Eigenes aus dem Nichts zu schaffen und dabei maßgeblich beteiligt zu sein, war für mich ein entscheidender Langzeit-Motivator.“ So hatte das Produkt aber nicht nur für ihn eine Relevanz. Darüber hinaus wurde erkannt, dass andere die Sendungen sehen. So sagt Nils weiter: „Gleichermaßen berührte es mich, an etwas teilzuhaben und zu gestalten, was nicht nur mich selbst beeinflusst hat, sondern im selben Maß mein Umfeld. Damit meine ich zum Beispiel die Produktion von Schul-News, an der ich zwar beteiligt gewesen bin, die aber für alle Schüler interessant waren.“ Letztlich war auch das Autonomieerleben für manche der Befragten wichtig. So formuliert Kristian zugleich einen Tipp für andere Schulprojekte: „Medien im Namen der Schüler sollten möglichst von Lehrern unabhängig arbeiten.“ Rasmus sieht dabei auch die Abwechslung zum konventionellen Unterricht: „Schüler*innen haben durch das Schülerfernsehen die Möglichkeit, unterschiedliche Themen mit einer anderen Herangehensweise zu bearbeiten als es der reguläre Unterricht zulässt. Während im Unterricht Thematiken oftmals vorgegeben sind, haben Schüler*innen bei einem Schülerfernsehen die Chance, sich eigene Themen auszusuchen und diese durch eigene Ideen zu bearbeiten.“ Wir Lehrkräfte ließen den Schüler/innen Freiräume, ihre Sendung selbst zu gestalten – wobei die endgültige Entscheidung über die Veröffentlichung bei uns Lehrkräften lag und liegt, aber auch dies kann man anders, liberaler gestalten. Das Medium Film hat dabei diese befragten Schüler besonders angesprochen, wohl auch, weil es etwas ist, das ansonsten nicht oder nur selten im schulischen Alltag eingesetzt wird. So meint Rasmus: „Während man in der Schule oftmals ‚nur’ Produkte (oftmals Texte) zur Benotung gemacht hat, konnten wir bei Meynungsfreiheit TV abseits des regulären Unterrichts unseren Beitrag zur internen und externen Kommunikation unserer Schule beitragen. Motivierend habe ich auch den Aspekt betrachtet, dass man bei Meynungsfreiheit TV ein anderes Format neben der reinen Textproduktion kennengelernt hat.“
Blickt man auf die Schülerfirma Meyn Production, dann kann gesagt werden, dass auch hier die Selbstständigkeit ein zentrales Lernziel ist und zum Teil enorme Entwicklungssprünge nach sich gezogen hat. Diese sind nicht nur auf den filmischen Bereich beschränkt geblieben, sondern beziehen sich auch auf andere Fächer. So ist aus der Schülerfirma inzwischen eine reale Firma geworden ist, ein äußerst interessierter und filmbegabter Schüler hat mit einem von uns eine Filmproduktionsfirma gegründet.
Neben positiven Aspekten und Erfolgen sehen wir die Projekte aber auch als etwas, das sich stetig weiterentwickeln muss, das nie perfekt ist. So konnten wir feststellen, dass den Schüler/innen die Rolle der Medien im demokratischen Staat oft doch nicht so klar geworden ist, wie wir es uns als Ziel gesetzt hatten. Seit diesem Schuljahr besprechen wir daher bei jedem einzelnen Projekt die jeweiligen Funktionen des Medienorgans durch, haben dazu eine entsprechende Grafik erstellt, die die Fragestellung jeweils visualisiert. Eine Schwierigkeit bereitet mehreren Schüler/innen der achten Klasse die Arbeit mit den Projektmethoden. Hier versuchen wir derzeit, sie durch den immer vorhandenen Bezug zur Projektmethode Kanban daran zu gewöhnen, da letztlich solche Methoden für das spätere (Berufs-)Leben äußerst wichtig sind. Hinsichtlich der Qualität der Filme ist problematisch, dass man mit jedem neuen Jahrgang wieder von vorne beginnt, eine Entwicklung über Jahre ist in diesem Fall nur in anderen, außerunterrichtlichen Gruppen möglich. Man könnte darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, das Filmangebot auch im neunten Jahrgang weiterzuführen.
Zeitlicher Rahmen des Projekts
Für die Uetersen TV stehen in der achten Klasse jeweils vier Schulstunden pro Woche zur Verfügung. Die anderen Projektgruppen, Meynungsfreiheit TV, Doku-Filme und MeynProduction, treffen bzw. trafen sich jeweils eine Stunde pro Woche im außerunterrichtlichen Bereich.
Praktische Durchführung
Vieles wurde hierzu bei den Zielen des Projekts genannt. Ergänzend dazu ist wichtig:
- Die Achtklässler des Wahlpflichtkurses „Medien – Wirtschaft – Soziales“ produzieren ein Jahr lang das Schülernfernsehen Uetersen TV.
- Die außerunterrichtlichen Projekte wie Schülerfirmen, Meynungsfreiheit TV und auch Doku-Filmgruppen trafen bzw. treffen sich einmal in der Woche. Diese Gruppen sind z. T. auch eigenständig organisiert, wir Lehrkräfte ermöglichen den Schüler/innen damit mehr Eigenständigkeit und uns Freiraum für die Entwicklung neuer Video-Projekte.
Welche Personen wurden einbezogen?
Drei Lehrkräfte sind einbezogen: Alexander Gras, Hauran Ciftci und Sönke Zankel. Darüber hinaus wurden externe Referenten aus der Filmbranche eingeladen, darunter Thorsten Eppert (u. a. „Herr Eppert sucht…“), um die Schüler/innen und auch uns Lehrkräfte weiterzubilden Dies entspricht unserem Credo: gemeinsam mit Schüler/innen zu lernen. Auf Schüler/innen-Seite die besagten Lerngruppen, zudem leitet inzwischen ein Schüler mit uns die AG Meynungsfreiheit TV.
Didaktische Implementierung des Projekts also Bezug zu curricularen Vorgben
Die Wahlpflichtkurse, die es an vielen Schulen in vielen Bundesländern gibt, ermöglichen großen Freiraum, haben zumeist keine ministeriell vorgegebenen Curricula. Das Curriculum für unseren Kurs wurde von uns Lehrkräften erstellt. Zudem beziehen wir uns auf die „Auseinandersetzung mit den Kernproblemen des gesellschaftlichen Lebens“, dieser Bereich ist für alle Fächer in Schleswig-Holstein in den Curricula enthalten und für alle bindend. Hier geht es u. a. um: „Partizipation: Recht aller Menschen zur verantwortungsvollen Mit-Gestaltung ihrer soziokulturellen, politischen und wirtschaftlichen Lebensverhältnisse.“
Dokumentation des Projektes
- Hier finden Sie die Sendungen der beiden Kanäle des Schülerfernsehens sowie die dort veröffentlichten Dokumentationen aus dem AG Bereich.
- Hier finden Sie die Videos der Schülerfirma MeynProduction
- Die Dokumentation „Braune Altlast. Uetersens Ehrenbürger Adolf Hitler, der Deutsche Bundestag und Wikipedia“ ist hier zu finden
Verbesserungsvorschläge
Wie beschrieben ist das Konzept eines, das nie fertig wird, das immer die Weiterentwicklung – auch von uns Lehrkräften – fordert. Zurzeit überlegen wir, wie wir die vielen Herausforderungen, vor denen die Schüler/innen stehen, noch anschaulicher vermitteln können. Insbesondere die Frage nach der Recherche und der Bewertung von Informationen, die im digitalen Zeitalter äußerst bedeutend ist (siehe Diskussionen um „Fake News“), ist noch nicht bestmöglich geklärt. Jugendliche neigen oft zur oberflächlichen Recherche, prüfen die Quellen nicht usw. Das bedeutet für uns immer wieder das Führen von Gesprächen dahingehend, die Informationen zu hinterfragen, die Quellen zu prüfen. Dieser Bereich könnte sicher noch anschaulicher und damit effizienter von uns gestaltet werden. Zudem kam nun die Idee von Schüler/innen des derzeitigen Wahlpflichtkurses, fiktive Filme zu drehen, auf. Wir nehmen die Idee und diese Interessen auf, werden sie am Ende dieses Schuljahres versuchen mit den Schüler/innen zu realisieren. Zudem hat einer unserer ehemaligen Schüler des Wahlpflichtkurses inzwischen eine eigene AG an unserer Schule, „Film Factory“, gegründet, wo Schüler/innen explizit fiktive Filme produzieren. Dies zeigt, wie das Schülerfernsehen weiterwirkt, dadurch neue Projekte initiiert werden.
Übertragbarkeit der Projektidee auf andere Lerngruppen
Grundsätzlich können ein Schülerfernsehen oder auch die anderen Video-Projekte, die die Schüler/innen zu Produzenten von Videos machen, an allen Schulen realisiert werden – erstaunlicherweise gibt es aber kaum solche Projekte. Der Fachunterricht könnte beispielsweise auch der Ausgangspunkt für weitere Filmprojekte sein. So können Filmprojekte aus dem Unterricht resultieren, indem Themen zur weiteren Bearbeitung angeboten werden, die besonders begabte oder interessierte Schüler/innen dann eigenständig weiterverfolgen können. Ein solcher Film kann dann wiederum in den Bewertungskontext des Fachunterrichts einbezogen werden, so dass die Schüler/innen ggf. auch hinsichtlich der Note einen Mehrwert haben. Allerdings sollten die Schüler/innen Input zur Recherche, Filmgestaltung usw. bekommen, um ihre Lernchancen deutlich zu vergrößern. Stellt man sich die Frage nach der Übertragbarkeit auf andere Schulen, dann scheint uns wichtig, dass die Schüler/innen nicht nur Filme realisieren, sondern dass auch die Lehrkräfte es gerade am Anfang einmal selbst versucht haben. Erst dann werden ihnen die Schwierigkeiten deutlich, vor der die jungen Menschen bei jeder Produktion stehen. Dabei geht es u. a. um Fragen des Bildaufbaus inkl. des Bildhintergrunds, wenn beispielsweise Personen interviewt werden. Oder auch um die Frage der Kameraperspektiven, anfangs neigen viele dazu, aus der Halbtotalen zu filmen, wenig Variationen in die Aufnahmen zu bringen, indem beispielsweise zu wenige Schnittbilder angefertigt werden. Auch der Ton stellt oft ein großes Problem dar. Ein ehemaliger Schüler antwortete auf die Frage, ob er anderen Schulen die Realisierung eines Schülerfernsehens empfehlen kann: „Ich kann anderen Schulen nur raten, ebenfalls eine AG für ein Schülerfernsehen zu gründen. So werden Schüler besser den Umgang mit Medien lernen, da sie jene selbst produzieren würden. Gerade in der heutigen Zeit erachte ich dieses Wissen als ungemein relevant für eine aufgeschlossene Allgemeinbildung.“
Eigenständigkeit
Der Bereich der Eigenständigkeit ist sehr groß, im Wahlpflichtkurs wird projektförmig gearbeitet, im AG Bereich sind wir Lehrkräften z. T. nur im Hintergrund aktiv, kommen nur bei Problemen und Fragen dazu (z. B. in der Schülerfirma). Letztlich ist eines unserer zentralen Ziele: Schüler/innen zur Selbstständigkeit, zum eigenständigen Denken und Handeln zu bewegen.
Website erstellt
Die Website uetersentv.de sowie die der Schülerfirma meynproduction.de wurde jeweils von Schüler/innen eigenständig erstellt. Das Hochladen der Videos bei Youtube und damit die Teilverwaltung des Channels erfolgt durch ausgewählte Schüler/innen.
- Wilfried Sühl-Strohmenger (2012): Informationskompetenz und die Herausforderungen der digitalen Wissensgesellschaft, in: Ders. (Hrsg.): Handbuch Informationskompetenz, Berlin und Boston, S. 3 – 11.
- Zu den Kriterien der Analyse und Bewertung von Internetseiten siehe: Sönke Zankel: Recherchieren und präsentieren können. Wie Referate und schriftliche Ausarbeitungen wirklich gelingen können, in: Pädagogik, 3/2015, S. 14 – 17.
- Zum Projekt über den Film „Braune Altlast. Uetersens Ehrenbürger Adolf Hitler, der Deutsche Bundestag und Wikipedia“ (www.youtube.com/watch?v=Grz7ilClLd0) siehe: Sönke Zankel: Uetersens Ehrenbürger Adolf Hitler, der Deutsche Bundestag und Wikipedia. Schüler lernen historisch-forschend bei einem Filmprojekt, in: AKENS, Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte, Nr. 56, Kiel 2016, S. 160 – 173.